Lange Zeit lagen die Personalbücher und Arbeiterprotokolle der Österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft in Steyr, der Steyr-Werke und der Steyr-Daimler-Puch AG im Firmenarchiv der ZF Steyr Präzisionstechnik GmbH. Diese wurden nun bei Aufräumarbeiten in den Räumlichkeiten des Unternehmens wieder ausgegraben. In Übereinkunft mit der Geschäftsführung des Standorts in Steyr konnten die Bücher dem Museum Arbeitswelt in einer Schenkung übergeben werden.
STEYR. „Wir haben die Bücher bei Aufräumarbeiten aus unserem Archiv hervorgeholt und freuen uns, dass diese nun im Museum Arbeitswelt einen geeigneten Platz finden und dort für Ausstellungen, Interessierte und Forschende zur Verfügung stehen“, sagt Helmut Gelsinger, kaufmännischer Leiter von ZF Präzisionstechnik in Steyr.
Dass die Personalbücher dem Museum Arbeitswelt übergeben werden konnten, ist dem Engagement des ehemaligen Mitarbeiters von ZF Präzisionstechnik und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Museum Arbeitswelt Peter Schönberger zu verdanken. Schönberger betreut seit knapp zehn Jahren die Objekte im Museumsdepot und hat den Kontakt zur Unternehmensführung hergestellt.
„Als Ort der Erinnerung und soziales Gedächtnis der Geschichte von Arbeiterinnen und Arbeiter in Österreich freuen wir uns, dass diese Bücher den Weg zu uns ins Museum Arbeitswelt gefunden haben“, betont der künstlerische Leiter des Museum Arbeitswelt Stephan Rosinger.
Bedeutung für die Forschung
Nach der Auflösung der Steyr-Daimler-Puch AG hat sich das Firmenarchiv auf mehrere Standorte verteilt und ging teilweise verloren. Mit dem historisch bedeutsamen Fund bei ZF Steyr Präzisionstechnik kann eine wesentliche Lücke in der Industrie- und Arbeitsgeschichte von Steyr geschlossen werden. „Die Personalbücher und Protokolle bilden eine wertvolle Quelle für sozial- und wirtschaftshistorische Forschungen. Sie geben Aufschluss über Anstellungs- und Lohnverhältnisse und enthalten unter anderem wesentliche Informationen über die geografische und soziale Herkunft der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Waffenfabrik und den Steyr-Werken“, erklärt Andreas Praher, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum Arbeitswelt.
Die insgesamt 64 Bücher aus den Jahren von 1865 bis 1945 beinhalten biografische Daten und enthalten Informationen zu Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen sowie Entlassungs- und Kündigungsgründen von Arbeiterinnen und Arbeitern. „Damit können wir nicht nur nachvollziehen, wie hoch der Beschäftigtenstand zu bestimmten Zeiten war, sondern wir sehen auch, woher die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fabrik stammten und können Rückschlüsse auf den Ausbildungsstand und die Einkommensverteilung von Frauen und Männern machen“, so Praher weiter.
Die Personalbücher und Arbeiterprotokolle werden in den kommenden Monaten vom wissenschaftlichen Team des Museum Arbeitswelt aufgenommen und dokumentiert und finden Eingang in die im Aufbau befindliche Online-Datenbank.
„Wir sind sehr froh, dass die historisch wertvollen Bücher im Museum Arbeitswelt für die Nachwelt gesichert werden. Als weltweit agierender Technologiekonzern mit Standort in Steyr ist uns die regionale Arbeitergeschichte ein besonderes Anliegen. Diese Geschichte für künftige Generationen zu erhalten, entspricht dem sozialen Nachhaltigkeitsgedanken von ZF“, so der Geschäftsführer von ZF Steyr Präzisionstechnik Alois Arnberger.