Die einzigartige Flora & Fauna in Molln im Steyrtal soll der Profitgier einer fragwürdigen Firma geopfert werden – obwohl Österreich das Erdgas klar nicht braucht.

GASTKOMMENTAR. In diesen Tagen erwarten die Menschen in Molln einen wichtigen Bescheid zu geplanten Erdgas (=Methan)-Bohrungen in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark Kalkalpen.

Der Gasverbrauch in Europa ist seit 2022 stark gesunken, und zwar um Volumen, die die achtfache Menge Österreichs jährlicher Gasnachfrage darstellen. Der Trend hielt auch 2023 an. Zahlreiche Pläne und Gesetze auf EU-Ebene würden außerdem zu einer Verringerung um ein Drittel bis über die Hälfte des Gasverbrauchs bis 2030 führen! (1)

Gleichzeitig sind, obwohl die vorhandenen Importkapazitäten nicht ausgelastet sind, eine Vielzahl an weiteren Gas-Importprojekten in Planung und Bau, die eine gewaltige Überkapazität zum Import von Gas darstellen würden. (2)

Österreichs Gasspeicher sind derzeit mit Gasmengen gefüllt, die höher sind als das Land in einem ganzen Jahr verbraucht. Berechnungen zeigen (3) dass die Gasfüllstände in Europa selbst bei total-Lieferstopp und kaltem Winter gut gefüllt bleiben.

Zum Argument, dass Österreich noch mehr eigene Gasförderung braucht, um aus russischem Gas auszusteigen ist Folgendes zu sagen: Die wenigsten Staaten in Europa beziehen noch russisches Gas: Das sind Österreich, die Slowakei, Slowenien und Ungarn (wobei fraglich ist, ob letzteres aus russischem Gas aussteigen wird). All diese Länder sind „Kleinverbraucher“, ihre Nachfrage macht nur einen kleinen Bruchteil am EU-Gasverbrauch aus. Das ist ein wichtiges Detail: denn im EU-Vergleich ist Österreichs Anteil an russischem Gas kaum der Rede wert: Österreich ist mit all seinen EU-Nachbarländern via Gas-Pipelines verbunden und könnte problemlos Gas aus z.b. Italien, Deutschland, Tschechien & Co beziehen. Die Kapazitäten sind da.

Warum Österreich noch einen großen Anteil an Gas aus Russland bezieht, liegt nicht an einem Gasmangel, im Gegenteil: Es liegt an Verträgen, die die OMV mit der russischen Gazprom abgeschlossen hatte. An den vertraglichen Verpflichtungen würden auch die leichtfertig versprochenen Gas-Funde in Molln nichts ändern. (4)

Es darf nicht sein, dass unbegründete Panikmache zu komplett irrationalen Maßnahmen führt. Die skrupellosen Pläne, in einer einzigartigen Region gleich neben dem Nationalpark Kalkalpen nach Gas zu bohren sind demnach unnötig, um Österreichs Versorgungssicherheit zu erhöhen. Too little, too late – wobei nicht gesichert ist, dass überhaupt Gas fließen würde. All das, während Österreichs und Europas Gasverbrauch weiter sinken wird – und muss, um dem fortschreitenden Klimawandel die Stirn zu bieten.

Abschließend dürfen wir noch ein extrem wichtiges Detail nicht vergessen: Gas, also Erdgas – genau das Produkt, das die Firma ADX in Molln fördern will, besteht nahezu vollständig aus Methan. Methan, das vor allem bei der Gasförderung in beträchtlichen Mengen in die Atmosphäre entweicht, und das Klima dort über hundertmal stärker aufheizt als CO2.

Gas aus Molln ist keine Notwendigkeit.Es ist vielmehr bitterböse Ironie, wenn hier der falsche Vorwand des Schutzes der österreichischen Versorgungssicherheit herangezogen wird, nur um ein höchst klimaschädliches Projekt durchzuboxen, das den fragilen Naturschatz des Steyrertals bedroht.

(1) https://www.e3g.org/wp-content/uploads/E3G-Report-Are-we-on-track-Repowering-towards-EU-gas-demand-reduction.pdf 
(2) https://ieefa.org/european-lng-tracker?utm_medium=email&_hsmi=280554464&utm_content=280554464&utm_source=hs_email
(3) https://www.bruegel.org/analysis/european-union-ready-2023-24-winter-gas-season
(4) https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/abhaengigkeit-gas-omv-vertrag-148249369

Ein Gastkommentar von

Frida Kieninger
(she / her)
Director of EU Affairs
Food & Water Action Europe, a program of Food & Water Watch

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